BayernDach Magazin 4-2023MB
HAUSTÜRGESCHÄFTE
Wenn der Dach-Hai geklingelt hat
Foto: HF.Redaktion
WENN DER DACH-HAI SEINE OPFER AN DER HAUS TÜRE ÜBERREDET ODER DER FÜR DACHARBEITEN OFT WENIG QUALIFIZIERTE SOLARTEUR PER NICHT ANGEFORDERTEM ANRUF DEN AUFTRAG AKQUI RIERT HAT, SCHEUEN DIE GEPRELLTEN KUNDEN OFT DEN „BAUSTOPP”. Immere wieder machen Dachdecker-Innungsbe triebe die Erfahrung, dass ihre Kunden auf zweifel hafte Auftragsakquisitionen hereingefallen sind. „Ja, aber jetzt ist es zu spät – ich kann doch nicht vom Auftrag zurücktreten”, so oft der verzweifelte Hilferuf. Doch – es geht, wie jetzt der EuGH mit seinem Ur teil vom 17.05.2023 (Rs. C-97/22) entschieden hat: „Art. 14 Abs. 4 a i) und Art. 14 Abs. 5 Richtlinie 2011/83/EU sind dahin auszulegen, dass sie einen Verbraucher von jeder Verpflichtung zur Vergü tung der Leistungen befreien, die in Erfüllung eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlos senen Vertrages erbracht wurden, wenn ihn der betreffende Unternehmer die Informationen gem. Art. 14 Abs. 4 a i) Richtlinie 2011/83/EU nicht über mittelt hat und der Verbraucher sein Widerrufs recht nach Erfüllung dieses Vertrages ausgeübt hat”. Jeglicher „Wertersatz“ ist in dem Falle ausgeschlos sen. Der so vom Verbraucher erzielte Vermögens zuwachs steht nicht im Widerspruch zum Grund-
satz des Verbots ungerechtfertigter Bereicherung. Im Klartext bedeutet dies: Wenn ein Verbraucher über sein Widerrufsrecht nicht ausreichend aufge klärt bzw. ihm die erforderlichen Informationen nicht ausreichend zur Verfügung gestellt wurden, er jedoch innerhalb der Widerrufsfrist von seinem Recht auf Widerruf Gebrauch macht, hat der Un ternehmer keinen Anspruch auf Vergütung – auch wenn die Leistung bereits vollständig erbracht wurde. Die o. g. Richtlinie verfolgt den Zweck, gemäß ihrem Art. 1 ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherzustellen. Dieses Ziel ist in Art. 169 AEUV und in Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäi schen Union verankert. Allerdings führt nicht jede Vertragsanbahnung außerhalb der Geschäftsräume automatisch zu einem „außerhalb von Geschäfts räumen geschlossenen Vertrag“. Voraussetzungen für das Widerrufsrecht ist ein Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen bei gleichzeitiger Anwesenheit der Vertragspar teien. Siehe dazu das ZVDH-Infoblatt „Widerrufsrecht für Verbraucher“ mit Stand vom 15.12.2022 sowie RS 23040 „Trotz erbrachter Leistung keine Vergü tung”. Beides ist im internen Mitgliederbereich (Suchwort „Widerrufsrecht“) zu finden.
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