BayernDach Magazin 5-2018

Digitalisierung BETRIEBE

eine direkte Glasfasererschließung der Gebäude er- folgt.“ Zwar bezuschusst der Freistaat Verträge zwischen Gemeinden und Kommunikationsunternehmen wie der Telekom, um in ländlichen Gebieten ein schnel- les Datennetz zu schaffen. Aber vielerorts herrscht ein chronischer Finanzmangel in den Kommunen. Selbst der Rest-Eigenanteil beim netzausbau wird dann als zu teuer erachtet. Also lassen viele Gemein- den nur Mindestanforderungen ausführen. Konkret sind das 30 Mbit pro Sekunde für die übertragungs- rate beim Download. Diese „Leistung” wird aber schon von den guten alten Kupferleitungen erfüllt. Unternehmen wie die Telekom schweigen sich darü- ber lieber aus. So wurde zwar von der Telekom der netzausbau genutzt, um das analoge Telefonieren durch „Voice over Internet Protocoll” (VoIP), also die Telefonie über das Internet, zu ersetzen. Der Kon- zern spart damit jährlich Millionen an Unterhaltskos- ten. Zusätzlich lässt die Telekom im Zuge des netz- ausbaus zahlreiche Subunternehmer „Leitungen” verlegen, die sich nach Kunzendorfs Recherche je- doch oft als Leerrohre entpuppten. Die eigentlichen Glasfaserleitungen werden erst durch diese Leerroh- re gezogen, wenn jemand dafür zahlt. Mario Kunzendorfs nächster Versuch führte ihn zum Telekom-Ableger „Mehr Breitband für mich“. Das freundliche Angebot: Für 100 € wird das Geheimnis gelüftet, ob ein direkter Glasfaser-Anschluss eines Betriebs möglich ist. In seinem Fall mit Betriebssitz in einem ländlichen Raum, in dem die netzvorgaben der Gemeinde um- gesetzt sind, stellte sich heraus: Trotz DSL-Ausbau fehlen leider exakt 1.048 Meter bis zum Glasfaseran- schluss. Weil aber für 1.045 der 1.048 Meter bereits Leerrohre liegen, könne die Telekom den Glasfaser- anschluss „günstiger“ anbieten. Der „Eigenanteil“ des Kunden samt Eigenleistungen sinke so auf nur rund 30.000 €. Auf nachfrage beruhigt die Telekom schriftlich und feinfühlig: Es handle sich lediglich um ein Angebot. Dies könne man „annehmen oder wenn es zu teuer ist, eben nicht“.

Kunzendorfs letzte Hoffnung war der Staat mit sei- nem Förderdschungel. Doch der hilft nur bei den letzten drei der 1.048 Metern, bei den restlichen 1.045 Metern leider nicht. Große Ernüchterung bei Obermeister Kunzendorf: Solange innerhalb der Europäischen Union ein Ge- biet mit 30 Mbit/s als „versorgt“ gilt, würde der Glas- faserzuschuss für die in seinem Fall 1.045 Meter au- ßerhalb des eigenen Grundstücks als verbotene Bei- hilfe gewertet. Kunzendorf vermutet, dass dieser „Webfehler” vom Freistaat erkannt und daher neuerdings das Gigabit- Ausbauprogramm in Brüssel vorangetrieben wurde. neues Programm, neue Fördermöglichkeit. Bis dahin bleibt vielen nur die Hoffnung, dass die Konzerne bis dahin wenigstens Tarife mit 50 Mbit/s ermöglichen und die Bundesnetzagentur flächig Vectoring (VDSL) genehmigt. Ob die Politik jemals aus den Fehlern bei der Digita- lisierung lernt? Die Innung Oberpfalz und Kreis Kel- heim hat die kontaktierten Abgeordneten gebeten, sich dafür einzusetzen, die künftigen 5-G-Lizenzen

Zweifelhafte Digitalisierung: In vielen ländlichen Regionen bleibt das E-Mail-Postfach leer.

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