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Immer alles im Griff BIM mehr als nur ein Rationalisierungswerkzeug

auf das billigste Angebot gelegt werden. Insider sind über diese von insgesamt zehn Kernempfeh- lungen der Reformkommission allerdings etwas erstaunt: Ist doch nicht erst seit gestern in der VOB/A im §16 (6) nachzu- lesen: „Bei der Beurteilung der Angemessenheit sind die Wirt- schaftlichkeit des Bauverfahrens (...) zu berücksichtigen“. Ab Mitte 2017 sollen in steigender Anzahl von Projek- ten die BIM-Mindestanforde- rungen des Leistungsniveaus 1 eingesetzt werden. Endziel des Stufenplans ist auf jeden Fall, ab Ende 2020 bei neu zu pla- nenden Projekten der Verkehrs- infrastruktur des Bundes dieses Leistungsniveau 1 umzusetzen. Das Leistungsniveau 1 be-

Das Building Information Mode- ling BIM kann gerade die Planungs- und Bauabläufe optimieren. Das heißt aber nicht zwingend, dass Pro- jekte künftig schneller realisiert wer- den. Schon heute sind sich viele Experten si- cher: BIM wird das Werkzeug der Zukunft in der Baubranche sein. Die Angst von Archi- tekten, sie könnten durch den Computer er- setzt werden, ist unbegründet. Denn BIM ist keine „künstliche Intelligenz“ oder „künstli- che Kreativität“. BIM ist ein „Instrument“, um Planungs- und Bauabläufe für alle Betei- ligten transparenter zu machen und um Pla- nungsfehler zu vermeiden. BIM ist also keine Software, sondern eine „integrale Planungs- und Arbeitsmethodik“, wie es das Bauforum Österreich beschreibt. Ein funktionierendes BIM ist gleichzeitig eines der wichtigsten Kommunikationsmittel. Werden auch nur in einem Teilbereich oder an einem Bauteil Änderungen vorgenommen, wird das komplette Projekt neu berechnet. Und das – je nach Änderung – in den Berei- chen Energie, Statik, Zeit und Kosten. Die vollständige Digitalisierung der Pla- nungs- und Baudaten erlaubt zudem frühzei- tig dreidimensionale Ansichten des Gesamt- objekts oder seiner Teilbereiche - selbst nach Änderungen in der Planung oder beim Bau- ablauf. Ein Beispiel: Während des Bauablaufs wird entschieden, dass einige Änderungen an der Dachkonstruktion vorgenommen werden müssen. Diese Änderungen werden unmittel- bar im BIM digitalisiert, berechnet und allen Beteiligten, vom Planer über den Auftragge- ber bis zu den betroffenen Handwerkern und Folgegewerken sowie dem Betreiber zur Ver- fügung gestellt. Die Desaster bei Großprojekten wie dem Berliner Flughafen oder der Elbphilharmonie in Hamburg gaben Bundesminister Alexander Dobrindt den Anstoß, 2014 eine „Reform- kommission Großprojekte“ ins Leben zu ru- fen. „Erst digital, dann real bauen“ lautet der Grundsatz. In seinem Kern ist BIM eine Erstellung von dreidimensionalen Modellen eines Bau- werks. Da auch Zeit und Kosten dargestellt werden, wird von einem fünfdimensionalen

Vorab den exakten Kostenplan, nach Änderungen zeitnah die Neuberech- nung. So rationell kann Bauen werden.

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Modell gesprochen. Diese Modelle beinhalten auch material- und umweltrelevante Daten. Dazu gehören Materialeigenschaften, Lebens- dauer, Brand- und Schallschutzverhalten. All diese Daten werden zusätzlich mit den geo- metrischen Informationen, also dem Ent- wurf, verknüpft. Im Stufenplan Digitales Planen und Bau- en des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastuktur BMVI lautet die exakte Definition: „Building Information Modeling bezeich- net eine kooperative Arbeitsmethodik, mit der auf der Grundlage digitaler Modelle eines Bauwerks die für seinen Lebenszyklus rele- vanten Informationen und Daten konsistent erfasst, verwaltet und in einer transparenten Kommunikation zwischen den Beteiligten ausgetauscht oder für die weitere Bearbeitung übergeben werden.“ Ziel ist es, eine höhere Planungs- und Kostensicherheit zu erreichen und die Kos- ten für den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks zu optimieren. Damit soll nicht nur ein permanentes Controlling ermöglicht wer- den. Bereits bei der Ausschreibung solcher Projekte soll BIM helfen, mehr als heute noch üblich Qualitätskriterien bei der Verga- be zugrunde zu legen. Es soll künftig mehr Wert auf das wirtschaftlichste Angebot, nicht

schreibt exakt die Daten, die Prozesse und die Qualifikationen, die zu erbringen sind. Dazu gehören u. a. Auftrags-Informations- Anforderungen (AIA) ebenso wie ein BIM- Abwicklungsplan (BAP) und die geforderte BIM-Kompetenz. BIM wird kommen. Darüber dürften kaum Zweifel bestehen. Die Projekte des BMVI machen den Anfang. Planen und Bau- en wird transparenter. Teure Nachträge kön- nen vermieden werden. Nur wenn von An- fang an klar ist, was ein Projekt kostet, kann auch objektiv darüber entschieden werden. Und das auch auf das Risiko hin, dass man- ches Großprojekt an seiner Akzeptanz in der Bevölkerung scheitern wird, wenn die tat- sächlichen Kosten im Voraus bekannt sind. In einer im Mai 2015 veröffentlichten Studie der Hertie School of Gouvernance GmbH wurden 170 solcher Projekte unter die Lupe genommen: „Für abgeschlossene Projekte (n=119) beträgt die durchschnittliche Kostensteige- rung pro Projekt 73 %.“. Und weiter: „Insge- samt sind die 170 Infrastrukturprojekte in Deutschland um 59 Milliarden Euro teurer als geplant – statt 141 werden sie mindestens 200 Milliarden Euro kosten“. Es gibt viel zu tun. Dann aber könnte BIM zum „Quantensprung“ im Bau werden.

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