Firstl-Report 94_OEB

20 Jahre aktuell

Vorsorge-REPORT

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gen gestellt.

ist. Zu Beginn des Antragsverfahrens kann die Berufsunfähigkeit zunächst formlos beim Versicherer angezeigt werden. Der Antrag- steller erhält dann einen Fragebogen, in dem detaillierte Fragen gestellt werden. So wird nach Beschwerden, Medikamenten, behan- delnden Ärzten, bereits erfolgten Untersu- chungen, Behandlungen, Therapien, Kuren und Rehabilitationsmaßnahmen gefragt. Die angegebene gesundheitliche Ein- schränkung wird in der Auswirkung auf den persönlichen Arbeitsalltag geprüft. Es kommt also nicht auf den typischen Arbeitstag eines Dachdeckers im Allgemeinen an, sondern auf den individuellen Ablauf des Arbeitstages bzw. der Arbeitswoche des Antragstellers. Dabei wird der Arbeitsalltag vor der gesund- heitlichen Einschränkung mit dem Arbeitsall- tag seit oder mit der Erkrankung geprüft und verglichen. Die Leistungsfähigkeit am indivi- duellen Arbeitsplatz muss in wesentlichen Merkmalen gemindert sein, um dem Antrag auf Berufsunfähigkeitssrente stattgeben zu können. Selbständige müssen bei der Antragstel- lung auch ihre Pflicht zu einer möglichen Umorganisation beachten. Dazu ist eine möglichst detaillierte Darstellung der organi- satorischen und personellen Struktur zu do- kumentieren. In dem Antrag werden außer- dem Fragen zu Schulabschlüssen, zur Berufs- ausbildung und zu absolvierten Fortbildun- schwere Verletzungen erlitt. Nach Auslegung der Berufsgenossenschaft war der Unfall auf Sekundenschlaf wegen Übermüdung zurück- zuführen. Da es sich nach BG-Meinung aber nicht um eine betriebsbedingte Übermüdung handelte, lehnte sie die Anerkennung als Ar- beitsunfall ab. Gegen die Ablehnung der Klage in erster In- stanz wehrte sich der Anwalt des Dachde- ckers mit der Berufung vor dem Bayerischen Landessozialgericht. Er trug vor, dass sein Mandant sich in seiner Wohnung nicht habe umziehen wollen, sondern nur die Arbeits- kleidung zur Arbeitsstätte mitnehmen wollte. Die Begründung: Der Umweg vom dritten Ort aus stehe so unter Versicherungsschutz. Denn der Umweg von der Wohnung der Freundin über die eigene Wohnung zur Ar- beitsstätte sei mit knapp 33 km nicht wesent- lich länger als der direkte Weg zur Arbeits- stätte mit rund 21 km.

können. • Nehmen Sie eine fachlich fundierte und neutrale Beratung in Anspruch. Diese bie- ten u. a. der VdK, die Rentenberater und Fachanwälte an.

Bitte unbedingt beachten: Werden keine präzisen Angaben – insbesondere zum beruf- lichen Tätigkeitsfeld abgegeben – kann dies allein schon zu einer Ablehnung des Leis- tungsantrages führen. Es besteht also eine Mitwirkungspflicht des Versicherungsneh- mers. Eine Vielzahl an Leistungsanträgen führt nicht zu einer Anerkennung der Berufsunfä- higkeitsrente, weil nach Ansicht der Versiche- rer die notwendigen Leistungseinschränkun- gen nicht gegeben sind. Auch verfolgen eini- ge Versicherte ihre berechtigten Ansprüche nicht weiter. Daher werden zwei von drei Anträgen zur Berufsunfähigkeitsanträge abge- lehnt. Dabei geht es um viel Geld. Eine gewisse „Hartnäckigkeit“ kann sich also lohnen. Beispiel: Ein Versicherter hat einen monatlichen Rentenanspruch von 1.000 €. Der Vertrag läuft noch weitere zehn Jahre. Daraus ergibt sich ein Gesamtanspruch von 120.000 €. Deshalb gilt auch hier der Rat: Versicher- te sollten einen qualifizierten Berater in An- spruch nehmen, anstatt auf mögliche berech- tige Ansprüche zu verzichten. Unterstützung gibt es bei Versicherungsberatern oder Fach- anwälten für Versicherungsrecht. Michael Jander, Versicherungsberater Die Berufung wurde zurückgewiesen. Der Unfall sei nicht als Arbeitsunfall zu werten. Schließlich habe die Tätigkeit des Klägers zum Unfallzeitpunkt in keinem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätig- keit gestanden. Vielmehr habe der Kläger von der Wohnung seiner Freundin einen Weg nach Norden ein- geschlagen. Dies sei aber nicht die Richtung zu seiner Arbeitsstätte im Süden. Nach Auf- fassung der Richter also nicht der versicherte Weg zur Arbeitsstätte. Zum Zeitpunkt des Unfalls befand sich der Kläger demnach nicht auf einem Arbeitsweg. Außerdem habe der Kläger die Arbeitskleidung weder beför- dert noch verwahrt. Wäre der Kläger beim Gang durch seine Wohnung verunglückt, hätte es sich um einen Arbeitsunfall gehan- delt. Wäre es zu einem Unfall beim Anklei- den gekommen, wäre übrigens auch das als Teil der privaten Sphäre nicht versichert ge- wesen.

Dies wird Ihre Erfolgsaussichten ganz

erheblich erhöhen.

Bei der privaten Berufsunfähigkeitsrente bildet der Versicherungsvertrag die Grundla- ge für den Anspruch. Auch hier sind versi- cherungsrechtliche und medizinische Aspekte zu unterscheiden. In den Versicherungsbedingungen sind häufig die folgenden Grundvoraussetzungen für den Anspruch auf Berufsunfähigkeitsren- te genannt: • Die Erkrankung muss zu einer Leistungs- minderung von mind. 50 % führen. • Die Leistungsminderung muss – abhängig vom Versicherungsvertrag – für einen Zeitraum von entweder sechs Monaten oder voraussichtlich auf Dauer (was in der Regel mit einem Zeitraum von drei Jahren zu interpretieren ist) ärztlich prog- nostiziert werden können. alternativ: Die Berufsunfähigkeit besteht schon seit mindestens sechs Monaten. • Enthält der Vertrag die Möglichkeit der abstrakten Verweisung, ist zu prüfen, in- wieweit das Verweisen auf eine andere zumutbare berufliche Tätigkeit möglich Teuer war der morgendliche Umweg für einen Dachdecker. Und das nur, weil er auf dem Weg von einer Be- kannten noch schnell zuhause seine Arbeitskleidung abholen wollte. Genau dieser Umweg aber unterliegt nicht dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wie der 2. Senat des Bayerischen Landessozialgerichts kürzlich entschieden hat (Az.: L 2U 351/14). Im vorliegenden Fall musste der Dachdecker an einem Wochenende arbeiten. Mit seiner Freundin verbrachte er zunächst in mehreren Lokalen, später in ihrer Wohnung, den Sams- tagabend. Am nächsten Morgen machte er dann auf dem Weg zur Baustelle den kleinen Umweg nach Hause, um seine Arbeitsklei- dung zu holen. Auf diesem Umweg wurde er in einen Ver- kehrsunfall verwickelt, bei dem er mehrere

Berechtigte Ansprüche zur Berufsun- fähigkeits- rente sollten konsequent verfolgt werden.

Umweg mit Folgen Wer einen Umweg für die Arbeitskleidung macht, ist nicht versichert

Auch kleine Umwege auf dem Weg zur Arbeit können große Folgen haben.

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