BayernDach Magazin 1-2020_OEB
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Arbeitsrecht
Urteil BAG vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09 Im Jahr 2011 hat das BAG mit dem o. g. Urteil eine grundlegende Richtungsänderung seiner bisherigen Rechtsprechung vollzogen (vgl. Rundschreiben LIV Bayern vom 28.04.2011 im internen Mit- gliederbereich). In seinem Urteil führt das BAG aus, dass es eine Vorbeschäftigung dann unschädlich für die sachgrundlose Befristung eines Arbeits- vertrags ansieht, wenn die Vorbeschäftigung länger als drei Jahre zurückliegt. Die Schutzfunktion des TzBfG sei dann immer noch gewahrt, und es werde gleichzeitig der Wiedereinstieg oder Ein- stieg in das Berufsleben erleichtert. Beschluss des BVerfG vom 06.06.2018, Az.: BvL 7/14, BvR 1375/14 Mit seinem o. g. Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht fest- gestellt, dass die Rechtsauffassung des BAG aus dessen Urteil vom 06.04.2011 nicht mit dem Wunsch des Gesetzgebers überein- stimmt, wonach grundsätzlich jede Vorbeschäftigung bei demsel- ben Arbeitgeber ein Verbot einer sachgrundlosen Befristung be- wirken soll. Urteil des BAG vom 23.01.2019, Az.: 7 AZR 733/16 Das BAG hat mit seinem Urteil vom 23.01.2019 auf den Beschluss des BVerfG reagiert und seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2011 aufgegeben, wonach eine Vorbeschäftigung bei demselben Ar- beitgeber, die länger als drei Jahre zurückliegt, unschädlich für eine sachgrundlose Befristung sein soll. Vielmehr sei die sachgrundlose Befristung trotz einer Vorbeschäf- tigung bei demselben Arbeitgeber nur dann zulässig, wenn die Anwendung des in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG geregelten Verbots einer sachgrundlosen Befristung bei Vorliegen einer Vorbeschäf- tigung bei demselben Arbeitgeber für die Arbeitsvertragsparteien unzumutbar wäre. Im konkreten Fall sei das alleine durch den Zeitablauf von acht Jahren seit dem Ende der Vorbeschäftigung nicht gegeben. In seinem Beschluss vom 06.06.2018 hatte das BVerfG zudem aus- geführt, dass eine solche Unzumutbarkeit dann vorliegen kann, wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer war. Keines der Merkmale sei im vorliegenden Fall gegeben gewesen. Urteil des BAG vom 17.04.2019, Az.: 7 AZR 323/17 Mit seinem Urteil vom 17.04.2019 hatte das BAG erneut über die Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung zu entscheiden. Im
vorliegenden Fall kam das BAG zu dem Ergebnis, dass bei einer ca. 15 Jahre zurückliegenden Vorbeschäftigung kein „sehr langer Zeitraum“ im Sinne des Beschlusses des BVerfG vorliegt. Urteil des BAG vom 12.06.2019, Az. 7 AZR 477/17 In einer erneuten Entscheidung über die Wirksamkeit einer sach- grundlosen Befristung hat das BAG am 12.06.2019 festgestellt, dass ein Zeitraum von etwa fünf Jahren und vier Monaten keinen „sehr langen“ Zeitraum darstellt. In seinem Urteil vom 12.06.2019 hat das BAG darüber hinaus aus- geführt, dass dem Arbeitgeber vor Abschluss des Arbeitsvertrages ein Fragerecht hinsichtlich einer Vorbeschäftigung in seinem Be- trieb zusteht, da es ihm nicht zugemutet werden kann, die erfor- derlichen Daten über ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis langfristig zu speichern. Dies kann insbesondere dann eine Rolle spielen, wenn es sich bei dem neu begründeten Arbeitsverhältnis um ein „anders gearte- tes“ Arbeitsverhältnis handeln würde. Täuscht der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über eine Vorbeschäf- tigung, und ist der Arbeitsvertrag auf Grund der Vorbeschäfti- gung unwirksam sachgrundlos befristet, so kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag anfechten. Urteil des BAG vom 21.08.2019, Az. 7 AZR 452/17 Zuletzt mit seinem Urteil vom 21.08.2019 hatte das BAG erneut über das Vorliegen eines „sehr langen“ Zeitraums zu entscheiden. Im vorliegenden Fall wurde ein solcher „sehr langer“ Zeitraum bejaht. Nach Ablauf von 22 Jahren seit der Beendigung der Vor- beschäftigung kann laut BAG „in der Regel“ eine Befristung ohne Sachgrund für das neue Arbeitsverhältnis vereinbart werden. Zusammenfassend lässt sich aus der Entwicklung der Rechtspre- chung seit dem Jahr 2011 im Zusammenhang mit der sachgrund- losen Befristung von Arbeitsverhältnissen feststellen, dass eine pauschale Aussage über die Zulässigkeit einer sachgrundlosen Be- fristung nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne nach Ende einer Vorbeschäftigung nicht möglich ist. Vielmehr muss jeder Fall einzeln betrachtet und beurteilt werden. In seinem Beschluss vom 06.06.2018 hat das BVerfG Kriterien benannt, anhand derer im Einzelfall geprüft werden kann, ob der Abschluss eines sachgrund- los befristeten Arbeitsvertrags trotz Vorbeschäftigung bei dem- selben Arbeitgeber zulässig ist. Mehr Informationen zum Arbeitsrecht stehen Innungsmitgliedern im internen Mitgliederbereich des LIV Bayern zur Verfügung.
Innungsmitglieder haben hier einen großen Informationsvorsprung.
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