BayernDach Magazin 3-2018

Arbeitsrecht BLAUE SEITEN

IN EINEM AKTUELLEN URTEIL HATTE DAS BUNDESARBEITSGE- RICHT (BAG) ÜBER BRUCHTEILE VON URLAUBSTAGEN BEI DER BE- ENDIGUNG DES ARBEITSVERHÄLTNISSES ZU ENTSCHEIDEN. In einem Rechtsstreit musste das Bundesarbeitsgericht unter an- derem entscheiden, ob Bruchteile von Urlaubstagen bei Beendi- gung des Arbeitsverhältnisses auf- oder abzurunden sind. In seinem Urteil vom 23. Januar 2018 bestätigt das BAG seine grundsätzliche Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung und zur Be- handlung anteiliger Urlaubstage. Gleichzeitig differenziert das BAG hinsichtlich des Rechtsgrunds, aus dem sich Bruchteile von Urlaubstagen ergeben können. Nach Auffassung der Richter ist insbesondere zu unterscheiden, ob diese Bruchteile aus einem unterjährigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis resultieren, oder ob sich Bruchteile von Urlaubstagen wegen einer Kürzung des Urlaubsanspruchs aufgrund der Inanspruchnahme von Eltern- zeit ergeben, die wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten sind. Im verhandelten Fall ging es zunächst um die Frage, wie ein an- teiliger Urlaubsanspruch in Höhe von 6,25 Tagen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist. Dieser anteilige Urlaubs- anspruch resultierte aus der Inanspruchnahme von Elternzeit und einer deshalb vorgenommenen Kürzung des Urlaubsanspruchs. Eine gesetzliche Vorschrift zur Rundung von anteiligen Urlaubs- tagen findet sich in § 5 (2) Bundesurlaubsgesetz (BurlG). Danach sind „Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben“ auf volle Urlaubstage aufzurunden. Das BAG führt in seinem Urteil vom 23.1.2018 aus, dass diese Run- dungsregelung aber nur für Teilurlaub im Sinne des § 5 (1) BurlG anzuwenden ist. Dies ist ein Teilurlaub, der wegen einer unter- jährigen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses entsteht. Bei anteiligen Urlaubsansprüchen aufgrund der Inanspruchnahme von Elternzeit, also durch die Anwendung von § 17 Bundeseltern- geld- und Elternzeitgesetz (BEEG), handelt es sich aber ausdrück- lich nicht um einen Teilurlaub im Sinne des § 5 (1) BurlG. Die Rundungsregelung des § 5 (2) BurlG ist somit auf solche anteiligen Urlaubsansprüche nicht anzuwenden. Das BAG begründet darü- ber hinaus sein Urteil, weil grundsätzlich die Anwendung der Run- Ist Urlaub auf- oder abzurunden?

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Was passiert mit Bruchteilen von Urlaubstagen?

dungsregelung in § 5 (2) BurlG dazu führt, dass ein anteiliger Ur- laubsanspruch in Höhe von mindestens einem halben Urlaubstag auf einen vollen Urlaubstag aufzurunden ist. Im Umkehrschluss führt diese Vorschrift gemäß BAG-Rechtsprechung bei einem an- teiligem Urlaubsanspruch von weniger als einem halben Urlaubs- tag allerdings nicht zu einer Abrundung auf volle Urlaubstage. Ein anteiliger Urlaubsanspruch von weniger als einem halben Ur- laubstag wird zwar nicht aufgerundet (das muss erst ab einem halben Urlaubstag passieren), er darf aber auch nicht ersatzlos ge- strichen werden. Das BAG hatte im konkreten Fall über die antei- ligen Urlaubsansprüche aus mehreren Jahren zu entscheiden. In einem anderen Urlaubsjahr ergab sich aufgrund einer Kürzung des Urlaubsanspruchs ein anteiliger Urlaubsanspruch von 22,92 Tagen. Auch hier wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit. Konsequenterweise hat das BAG seine Argumentation angewen- det, dass dieser anteilige Urlaubsanspruch kein Teilurlaub im Sinne des § 5 (1) BurlG ist. Somit sei keine Aufrundung gemäß § 5 (2) BurlG vorzunehmen. In diesem Fall waren deshalb 22,92 Ur- laubstage als anteiliger Urlaubsanspruch abzugelten. In der betrieblichen Praxis bedeutet dieses Urteil, dass bei der Ur- laubsabgeltung für ausscheidende Mitarbeiter zunächst zu prüfen ist, ob sich ein anteiliger Urlaubsanspruch ergibt. In einem zwei- ten Schritt muss dann geprüft werden, ob sich dieser anteilige Ur- laubsanspruch als Teilurlaub im Sinne des § 5 (1) BurlG wegen eines unterjährigen Ausscheidens ergibt, oder ob er aus einer Kür- zung des Urlaubsanspruchs auf Grundlage von § 17 BEEG resul- tiert. Je nach dem Rechtsgrund, aus dem sich Bruchteile von Urlaubstagen ergeben, kann eine unterschiedliche Behandlung dieser Urlaubstage bei der Urlaubsabgeltung erforderlich sein (BAG-Urteil vom 23.1.2018 Az.: 9 AZR 200/17).

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