BayernDach Magazin 3-2021
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Selbst wenn kanadisches Holz trotz hoher Einfuhr- zölle in die USA kam, fehlten mangels Aufträgen dort die Sägewerke und das Personal. Denn das war durch die Auftragsflaute regional oder in an- dere Branchen abgewandert. Der dritte Grund für die Holzverknappung war geboren. Die Weltmacht China erlebte nach der Pandemie einen unglaublichen Aufschwung. Der „Hunger“ auf Bauholz wurde fast unersättlich. Doch China selbst verfügt über keine nennenswerten Nutzholz- reserven. Also muss Holz weltweit aufgekauft wer- den. Zu den traditionellen Lieferanten „in der Nähe“ gehört Sibirien. Doch auch hier gibt es nicht genügend Sägewerke, um den chinesischen Hun- ger auf Schnittholz zu sättigen. Also kaufte China weltweit – auch in Europa – Holz auf. Damit wurde der eigentlich ökologisch wertvolle Baustoff Holz um den halben Globus mit einem un- vorstellbaren Energieaufwand transportiert. Ursa- che Nummer 4 für den Holzmangel. Die Forderungen nach einem Exportstopp für Holz wurden lauter. Doch jeder Exportstopp würde bei den Importländern nur eine Reaktion hervorrufen: Diese Länder würden andere Produkte, die wir dringend benötigen, mit einem eigenen Exportver- bot belegen. Damit könnte eine deutsche oder EU- Regulierung und Beruhigung des heimischen Holzmarktes zu einer Verknappung anderer Pro- dukte führen. Gleichzeitig wird gerade in Deutschland der Holz- bau als ökologische Alternative zum Bauen mit Zie- gel und Beton auch von der Politik propagiert. Selbst Hochhäuser in Holzbauweise sind inzwischen technisch und baurechtlich möglich. Doch damit wird genau der Baustoff ins Rampen- licht der Beliebtheit gehoben, der ohnehin knapp ist. Das ist der fünfte Grund für horrenden Holz- mangel und ebenso horrende Preise. Und zuletzt sorgte auch noch die Pandemie für akuten Holzmangel. Viele Menschen waren in Kurzarbeit, im Homeoffice offenbar nicht voll aus- gelastet oder hatten wegen des ausgefallenen Ur- laubs noch viel Geld in der Haushaltskasse. Damit
wurden Baumärkte und deren Holzlager teilweise leergekauft. Hinzu kam eine „Hamstermentalität“ wie vor einem Jahr bei Toilettenpapier. Viele Händ- ler und Verarbeiter füllten ihre Lager bis zur letz- ten Ecke mit Holz. Nicht gerade zur Entspannung der Preisspirale trägt auch der zunehmende Trend nach „Grünen Investitionen“ bei. Das beliebte Zauberwort der „Nachhaltigkeit“ ist leider auch zum Alibi für Anle- ger geworden. Anleger können auf offene oder geschlossene Fonds setzen, Holz-Zertifikate erwer- ben oder direkt mit Aktien börsennotierter Unter- nehmen spekulieren. Einige dieser Unternehmen sind selbst Waldbesitzer oder bewirtschaften rie- sige Waldflächen. Solche nachhaltige „Grüne Investitionen“ waren ursprünglich auf echte Nachhaltigkeit und Anlage- zeiträume von 10 bis 20 Jahren angelegt. Doch in- zwischen lockt das schnelle „grüne“ Geld. Zu den Gewinnern gehört zum Beispiel der größte private Waldbesitzer in Europa, Svenska Cellulosa: Hier hat sich der Aktienkurs zwischen Juli 2020 und April 2021 mehr als verdreifacht. Paradox: Während Nadelschnittholz nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Großhandel ge- genüber dem Vorjahr um mehr als 20 % teurer ge- worden ist, bekommen Waldbesitzer 2 bis 3 % weniger. Das Statistische Bundesamt verzeichnet in seinem Bericht zu Erzeugerpreisen im April 2021: „Beson- ders stark waren die Preisanstiege gegenüber dem Vorjahr bei metallischen Sekundärrohstoffen aus Eisen- Stahl- und Aluminiumschrott (+62,7 %), aber auch bei gesägtem und gehobeltem Holz (+27,1 %) und Metallen (+17,3 %)“. Dennoch: Es ist Entspannung in Sicht. Aufgrund vieler Stornierungen von Bauaufträgen in den USA wegen der Preissteigerungen und anlaufenden Holzlieferungen aus Kanada sowie verstärkter Ar- beit der Sägewerke ist der Holzpreis jenseits des großen Teichs im Juni um 40 % eingebrochen.
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