Firstl-Report 87_OEB

20 Jahre aktuell

Marketing-REPORT

Seite 10

Umsonst arbeiten? Detaillierte Angebote künftig auf Wunsch gegen Gebühr

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Der Preis ist heiß bei den meisten Angeboten. Dennoch gibt es Möglich- keiten, den Kunden „heiß“ auf Qualität zu machen.

Darin überlässt der Dachdecker dem qualitätsbewussten Kunden die Wahl zwi- schen einem kostenloses „Standardangebot“ und einem signifikant besser ausgearbeitetem „Experten-Angebot“. Dem qualitätsorientierten Kunden wird es mit dieser „Aufklärung“ leicht gemacht, sich für das umfangreiche Experten-Angebot zu entscheiden. Und er wird Verständnis da- für aufbringen, dass diese detaillierte Ausar- beitung eines Angebotes eine wenigstens teil- weise Vergütung erforderlich macht. Dass diese Gebühr bei Auftragserteilung verrech- net wird, versteht sich von selbst. Dabei kann das „bezahlte“ Angebot durchaus als Marketinginstrument betrachtet werden. Denn wer sich für diese Variante der Angebotserstellung entscheidet, trifft bereits im Vorfeld eine „Teilentscheidung“ für die- sen Betrieb. Außerdem kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass dieser potenzielle Kunde keine weiteren neun Mit- bewerber zu gleichen Konditionen mit der Angebotserstellung beauftragt. Werden dennoch weitere kostenlose Angebote eingeholt, dürfte sich das „Exper- ten-Angebot“ durch seine Ausführlichkeit deutlich von allen anderen Angeboten unter- scheiden und damit zu den Favoriten im Rennen um den Auftrag gehören – auch wenn die letzte Zeile unten rechts einen hö- herenen Endpreis ausweist.

ganzen Arbeitswoche vergeudet. Erfolgs- chance dabei für jeden Beteiligten: 1:10. Der Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing im ZVDH hat sich dieser Thematik einmal grundlegend angenommen und Lösungswege gesucht. Dabei kristallisierte sich schnell heraus, dass es zwei potenzielle Kundengruppen gibt: Die „Wir-sparen-koste-es-was-es-wolle-Kun- den“ werden wohl immer jemanden finden, der eine Arbeit noch billiger ausführt. Schon der englische Sozialreformer John Ruskin hatte die vor über einem Jahrhundert erkannt (s. blauer Info-Kasten Seite 9). Die zweite Gruppe, auf die sich der Dachdeckerbetrieb, der nicht um jeden Preis einen Auftrag erhaschen will, besonders kon- zentriert: die qualitätsbewussten Kunden. Diese sind oft in der Altersgruppe 50+ zu finden. Es sind von ihrer Mentalität her keine Schnäppchenjäger und keine Cent-Feilscher, sondern Kunden, die einen qualifizierten Auftragnehmer suchen und bereit sind, für gute Arbeit auch gut zu bezahlen. Für den „Umgang“ mit beiden Kunden- spezies, besonders aber mit den Qualitätsbe- wussten, hat der ZVDH entsprechende Kun- denanschreiben als Musterbriefe vorbereitet, die von Mitgliedsbetrieben im internen Be- reich ihres Landesverbandes abgerufen wer- den können.

Mal abgesehen vom Ehrenamt: Niemand arbeitet eigentlich ohne Be- zahlung. Warum sollte das bei der An- gebotserstellung anders sein? Wer wissen will, was die Reparatur seines Flachbildfernsehers, seines Smartphones oder seines Autos kostet, wird vorab freundlich, aber bestimmt zur Kasse gebeten. Diese „Schutzgebühr“ für das Erstellen eines Ange- botes wird bei Auftragsvergabe angerechnet. Meist weitaus umfangreicher als bei TV- Geräten, Mobilgeräten oder Fahrzeugen ist die Ausarbeitung eines Angebotes im Bereich des Dachdeckerhandwerks. Außerdem ist das Dachdeckerhandwerk eine personalintensive Branche – hier wird nicht der „Löwenanteil“ mit Materialaufschlägen verdient. Dennoch erwarten die meisten Kunden gerade vom Dachdecker die Angebotserstellung als Gra- tis-Serviceleistung. Die Folge ist, dass der „Angebots-Tou- rismus“ blüht. Geradezu als „sportliche He- rausforderung“ betrachten es manche Kun- den, per Klick ins Internet zehn nahegelege- ne Betriebe herauszusuchen und alle diese zehn Betriebe zum Angebot aufzufordern. Um dann nach der letzten Zeile unten rechts – dem Endpreis – zu entscheiden. Investiert jeder dieser zehn Betriebe nur jeweils fünf Stunden seiner kostbaren Ar- beitszeit, wird dabei die „Manpower“ einer

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