Firstl-Report 87_OEB
20 Jahre aktuell
Marketing-REPORT
Seite 11
Inkl. MwSt. und Risiko Bei Anfragen darf der Handwerker eine deutliche Sprache sprechen
In jedem Fall wird dies dann wohl kaum ein Kunde sein, wie man ihn sich als Hand- werker wünscht. Die Erfahrung zeigt, dass diese Sorte Kunde die Bezahlung von Zu- satzleistungen, die sich im Laufe der Arbeit ergeben, kategorisch ablehnen („Das hätten Sie mir gleich beim Angebot sagen müssen“) oder nach Erhalt der Schlussrechnung versu- chen, den Preis neu zu verhandeln bzw. den Nachweis für jeden einzelnen Dachpappen- stift verlangen und ansonsten mit Abzügen drohen. Diesen Kunden sollte durchaus ganz di- rekt die Frage gestellt werden, wer eigentlich das finanzielle Risiko zu tragen hat, wenn einerseits auf eine gründliche Vorbereitung verzichtet werden, andererseits ein möglichst niedriger Preis abgegeben werden soll? Trägt das Risiko der Hausbesitzer, dem das Dach gehört oder der Dachdecker, der es Instand setzen soll? Ganz hartnäckige Kunden, die partout nicht einsehen wollen, dass für eine vorsorg- lich erbrachte Leistung auch bezahlt werden muss, sollte der Dachdecker einmal mit ei- nem Vergleich aus der Autowelt zum Nach- denken anregen: „Würden Sie von einem Autohersteller den Teil des Fahrzeug-Kauf- preises zurückfordern, den die Airbags kosten – nur weil Sie diese bisher nicht be- nötigt haben?“ Schließlich gilt für Angebote das Gleiche wie für jede andere Leistung: Was nichts kostet, kann auch nichts sein.
Es ist eigentlich nicht so schwer, den Kunden davon zu überzeugen, dass die Investition in ein Angebot das Geld wert ist.
stoßen. Sollte der Kunde dann trotzdem auf einem grob geschätzten Angebot bestehen – Hauptsache kostenfrei – ist dieser Kunde rea- listisch einzuschätzen: Hier werden entweder eine ganze Reihe weiterer Kolleginnen und Kollegen zu einem Angebot aufgefordert, um sie dann gegeneinander auszuspielen. Oder für den Kunden ist die Qualität der Arbeit zweitrangig. Wichtiger ist ihm der Preis.
Die Masche ist nun wirklich nicht neu: Zunächst mit einem Billig-Ange- bot einsteigen und dann zur Überra- schung der Auftragnehmer Zusatzlei- stungen teuer „verkaufen“. Wer sich einmal mit dem Thema der Haustürgeschäfte mit unseriösen Anbietern beschäftigt hat, kennt genau diese Vorge- hensweise. Angeboten wird zunächst eine kleine Reparatur. Im Zuge der Ausführung wird dann der angebliche Dach-Totalschaden festgestellt und aus dem 50-Euro-Angebot wird ein 25.000-Euro-Job. Genau diesen – zugegebenermaßen dra- stischen – Vergleich darf der seriöse Dach- deckerbetrieb beim Kundengespräch mit her- anziehen, wenn er (wieder einmal) um ein schnelles, kostenloses Angebot gebeten wird. Gerne auch mit dem Hinweis, das könne die Folge sein, wenn ein Angebot mal „auf die Schnelle“ durch kurze Inaugenscheinnahme des Daches aus der Ferne gemacht wird. Wer dann betont, dass ein sorgfältig erarbeitetes Angebot einen gewissen Zeitaufwand für eine fachgerechte Bestandsaufnahme und daraus folgend eine qualifizierte Planung erfordert (die ein Architekt übrigens auch berechnen würde), wird wohl kaum auf Widerstände
Das Gesetz der Wirtschaft Dem englischen Sozialreformer John Ruskin (1819-1900) wird „das Gesetz der Wirt- schaft“ zugeschrieben. Unabhängig davon, ob er nun tatsächlich der Urheber dieser Thesen ist: Die folgenden Sätze sollten eigentlich jedem Angebot beigelegt werden: „Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgend jemand ein wenig schlech- ter machen kann und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Menschen. Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezah- len. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dage- gen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Neh- men Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen“.
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