BayernDach Magazin 2-2023MB

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Haftung auch gegenüber den Mietern: Durch den Brand wurde auch ein Elektrofachmarkt zerstört, der sich in dem Gebäude als Mieter befand. Über den Ersatz des ihm entstandenen Schadens urteilte das OLG Oldenburg: „Der Werkvertrag mit dem Gebäudeeigentümer über die Errichtung einer Dach-Photovoltaikanlage ist zugleich ein Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten der Mieter, die in dem Gebäude bestimmungsgemäß ihr Gewerbe betreiben.“ Da der Mieter den Gefahren einer fehlerhaft ausgeführten PV-Anlage genauso ausgesetzt ist wie der Eigentümer, muss der schadensverursachende Handwerker auch für die entstandenen Schäden des Mieters aufkommen. Das Urteil ist dahingehend besonders, weil auch dem Mieter Schadenersatz zusteht, obwohl er mit dem Handwerker in keinem direkten Vertragsverhältnis steht. Fazit: Wer eine PV- Anlage errichtet, muss vor jeder Montage selbst sorgfältig prüfen, ob der vorhandene Brandschutz ausreichend ist. Neben der Statik ist bereits vor Ausführung auch auf die Prüfung der Brandrisiken zu achten. Die Ausführung hat in jedem Fall nach den anerkannten Regeln der Technik zu erfolgen. Dies gilt für den Ausführenden und für den Planer. In die Pflicht zum Schadensersatz können Mieter in den Schutz bereich des Vertrages des Vermieters mit dem Unternehmer einbezogen sein.

Der in den Landesbauordnungen geforderte Schutz vor Flug feuer und strahlender Wärme bedeutet jedoch nicht, dass der Dachaufbau unmittelbarer Befeuerung ausreichend Widerstand leisten kann. Wer trägt die Schuld? Die Versicherung, die zunächst für den Schaden von ca. 3 Millio nen Euro aufkam, klagte gegen das Elektrofachunternehmen. Das OLG Oldenburg entschied in 2. Instanz gegen den Installa teur (Urteil vom 23.09.2019; Aktenzeichen 13 U 20/17). Die Nicht zulassungsbeschwerde wurde durch den Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20.04.2020; Aktenzeichen VII ZR 233/19 zurückge wiesen. Die Begründung: Eine PV-Anlage ist nach den „anerkannten Re geln der Technik“ zu errichten. Dazu zählt auch die DIN VDE 0100-482 bzw. DIN VDE 0100-100. Sie schreiben vor, dass elektri sche Betriebsmittel, die wahrscheinlich hohe Temperaturen oder elektrische Lichtbögen verursachen können, so angebracht oder geschützt werden, dass kein Risiko der Entzündung von brenn baren Materialien besteht. Auch Solaranlagen sind davon be troffen. „Eine Dach-Photovoltaikanlage muss so installiert werden, dass eine sichere Trennung zwischen den elektrischen Komponenten als Zündquellen und der Dachoberfläche als Brandlast gewähr leistet ist. Andernfalls muss die Montage unterbleiben.“ Es ist also die Pflicht des ausführenden Unternehmens, die Dach haut vor der Montage der PV-Anlage ausreichend auf Brennbar keit zu überprüfen. Dies ist durch Erkundigungen beim Dachbahnenhersteller oder durch eigene Brandproben an Vergleichsmaterialien möglich. Der Handwerker hatte in seinen Allgemeinen Geschäftsbedin gungen die Haftung für Fälle leichter Fahrlässigkeit ausgeschlos sen. Dazu urteilte das Gericht jedoch, dass die Nichtbeachtung der einschlägigen anerkannten Regeln der Technik kein Fall leichter Fahrlässigkeit sei. Allerdings haftet im vorliegenden Fall das ausführende Unter nehmen nur für 60% des Schadens. Das Gericht sah ein Mitver schulden des Gebäudeeigentümers bzw. dessen Planers, da seine Planung mangelhaft war. „DIN-Normen richten sich auch an den Planer. Dieser muss wie das bauausführende Fachunternehmen die einschlägigen anerkannten Regeln der Technik kennen und bei der Erstellung der Planung anwenden.“

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