BayernDach Magazin 3-2021
BLAUE SEITEN
Die Veränderung eines Preises wird mit einem Index zu einem festgelegten Zeitpunkt mit 100 Prozentpunkten angegeben. So betrug der Index für Dachlatten S 10 im Januar 2021 104 Punkte. Im April 2021 lag er bereits bei 123,9. Daraus ergibt sich ein Stei- gerungssatz von 123,9/104 = 1,19. Der Basiswert 1 steigt somit um 19 %. Probleme bereitet allerdings die zutreffende Ermittlung des Ba- siswertes 1. Hier kommen Datenbanksysteme zum Einsatz, in denen die Preise in ihrem Wert in € pro Bezugseinheit, vom Pla- ner z. B. in €/m², aufgelistet werden. Diese Datenbanken werden zweimal im Jahr aktualisiert – im April und Oktober. In Zeiten ohne große Veränderungen war dies ausreichend. Allerdings haben nun die kurzfristigen hefti- gen Veränderungen die Schwächen dieser Systematik verdeut- licht. So war beispielsweise in einer weit verbreiteten Daten- bank die Aktualisierung der Preise für April 2021 am 14.06.2021 für den Monat April noch gar nicht erfolgt. Dies hat zur Folge, dass alle Kostenberechnungen für Baumaßnahmen in 2021 bis zu diesem Zeitpunkt mit den Preisen von Oktober 2020 ermittelt werden. Dabei wird der erhöhte Einstandspreis wie etwa für Dachlatten S 10 in den ersten vier Monaten von 2021 vollständig ausgeblendet. Damit ist die Kostenschätzung das Papier nicht wert, auf das sie gedruckt wurde. Angebotspreise bis zu 50 % über der Kostenschätzung sind die Folge. Und die führen so zu mancher Aufhebung der Ausschreibung oder bringen den Käm- merer mächtig ins Schwitzen. „Macht ja nichts“, wird mancher jetzt denken. Korrigieren wir diesen Fehler einfach über die Genesis-online Datenbank mit dem Index zu den jeweiligen Zeitpunkten. Denkste! Wenn dort nun eine Beruhigung der Preissteigerung nach zunächst rasan- ter Entwicklung zu den o. a. Zeitpunkten eintritt, ergibt sich kein wesentlicher Steigerungssatz mehr, und der vielleicht veral- tete Basispreis 1 bleibt unverändert. Der Mindestbetrag der Kostenänderung (Bagatellgrenze) für eine Aktivierung einer Stoffpreisgleitklausel wird somit gar nicht erst erreicht und die Preise bleiben unverändert. Wird jedoch der Schwellenwert von 2 % (Bagatellgrenze) der Abrechnungssumme der für die Preisanpassung vorgesehenen Positionen aus Material und Lohn überschritten, kommt eine Preisanpassung zum Zug. Zunächst taucht Freude auf, die allerdings nur bis zur Rech- nungsprüfung anhält. Der Auftraggeber muss sich nämlich nach dem VHB an den Mehraufwendungen beteiligen.
Die Vergabestelle wird nun zuerst seinen Selbstbehalt des Un- ternehmers in Höhe von 10 %der Mehraufwendungen aus dem Stoffpreis ermitteln bzw. der Unternehmer muss mindestens je- doch die 2 % aus der Bagatellgrenze einbringen. Der höhere der beiden Werte zählt. Das hört sich nach komplizierter Berechnung an – und ist es auch. Gibt es noch weitere Basispreise, wiederholt sich dieser Vorgang. Es kursieren dafür bereits Muster-Tabellenkalkulatio- nen der VOB-Stelle in der Regierung von Unterfranken. Auch das StMB hat erkannt, dass eine neue Regelung her muss, die jedoch nur im Verbund mit den anderen Ländern und dem Bund umgesetzt werden kann. Wesentliche Eckpunkte einer neuen Regelung sind u. a. eine Preisbindung vom Handel mit vier Monaten für Stoffe als Min- destzeitraum nach § 309 Abs. 1 BGB. Einfache und nachvollzieh- bare Vorgehensweisen sind notwendig. In Anlehnung an das BGB wäre z. B. als Angabe der Urkalkula- tion bei Angebotsabgabe der verwendete Stoffpreis der für eine Anpassung vorgesehenen Positionen in einem verschlosse- nen Umschlag denkbar und könnte damit ein aktuellerer „Basis- preis 1“ sein. Wir werden sehen, was die Beratungen ergeben. Bis zu einer vernünftigen Lösung werden allerdings noch zahlreiche Kosten- schätzungen überschritten, da das Risiko vorab „eingepreist“ wurde.
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