BayernDach Magazin 3-2024 MB / Dezember
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Auch aus diesem Urteil ist ersichtlich, dass der Baufortschritt Priorität hat. Zum Fertigstellungstermin bei einem gestörten Bauablauf ist die Aussage des KG interessant: „Vertragsfristen können nicht nur bei Abschluss des Bauvertrages, sondern auch während der Bauausführung vereinbart werden. So kann einem gestörten Bauablauf dadurch Rechnung getragen werden, dass überholte oder nicht mehr einhaltbare Fristen durch eine Ter minplanfortschreibung einvernehmlich angepasst werden, wobei diese Terminplanfortschreibung wiederum Vertragsfris ten beinhalten kann.“ Auch nachträglich vereinbarte Termine können Vertragstermine sein. Gemäß § 5 (3) VOB/B muss der Auftragnehmer auf Verlangen unverzüglich Abhilfe schaffen, wenn die Ausführungsfristen durch unzureichende Arbeitskräfte, Geräte oder fehlendes Ma terial nicht eingehalten werden können. Lässt der Unternehmer eine angemessen gesetzte Frist fruchtlos verstreichen, riskiert er sogar nach § 5 (4) VOB/B eine Kündigung des Vertrags.
In der Regel dürfte zwischen den Parteien streitig sein, ob eine neue Ausführungsfrist vereinbart worden ist bzw. ob und inwie weit die Störungen und Behinderungen zur Verlängerung der Ausführungsfristen nach § 6 (2) VOB/B geführt haben. Allein die Tatsache, dass der AN auf Verlangen des AG den Per sonaleinsatz erhöhen muss, kann einen Betrieb vor unlösbare Aufgaben stellen. Damit wird deutlich, wie wichtig es ist, wir kungsvolle Behinderungsanzeigen unmittelbar nach Bekannt werden der Bauablaufstörung in nachweisbarer Form zu stellen. Die Praxis zeigt, dass ein während der Ausführungsphase münd lich gegebener Hinweis auf die Behinderung in der Regel nicht ausreicht, um am Ende eine Verschiebung des Fertigstellungs termins zu rechtfertigen. Dem Auftragnehmer drohen dann Vertragsstrafe, Schadensersatz oder gar Kündigung des Auf trags. Zeitnah gestellte Behinderungsanzeigen, in denen klar darge legt wird, warum und ab wann eine Störung eintritt, sind uner lässlich.
Keine Mehrkosten für Bauzeitverlängerung, wenn Nachtrag gestellt wird
Darüber urteilte das OLG Köln am 21. Dezember 2023 (Az.: 7 U 68/22):
„Behält sich der Auftragnehmer im Rahmen der Vereinbarung eines Nachtrags einen
bauzeitbezogenen Mehrkostenanspruch nicht ausdrücklich vor, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass das Nach tragsangebot sämtliche Mehrleistungen umfasst und damit zu sätzliche bauzeitbezogene Kosten durch einen späteren Nach- trag nicht mehr nachgeschoben werden können.“ Der Auftraggeber konnte also davon ausgehen, dass im Nach tragsangebot sämtliche entstehenden Mehrkosten erfasst sind. Andernfalls hätte erkennbar sein müssen, dass mit der Bauzeit verlängerung entstehende Kosten nicht im Nachtrag enthalten sind. Deshalb muss der Auftraggeber den „erweiterten Nach trag“ nicht bezahlen.
EIN UNTERNEHMER STELLT WEGEN EINER UNVORHERSEHBAREN SITUATION – HIER EIN BODENFUND – FEST, DASS ZUR ABWICK LUNG SEINES AUFTRAGS ZUSÄTZLICHE LEISTUNGEN ERFORDER LICH SIND. VERTRAGSGRUNDLAGE IST DIE VOB/B. DER AUF- TRAGGEBER ORDNET DIESE LEISTUNGEN AN. DER UNTERNEH MER UNTERBREITET DARAUFHIN EIN NACHTRAGSANGEBOT, DAS DER AUFTRAGGEBER ANNIMMT. Mit der Schlussrechnung berechnet der Auftragnehmer einen „erweiterten Nachtrag“. Hierin wird neben den beauftragten Nachtragspositionen ein erhöhter Aufwand und die zeitliche Verlängerung infolge geänderter Bauausführung abgerechnet – mit einem Mehrpreis von ca. 107.000 €.
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